Wie sich ein Grundstück mit Altlasten auf die Immobilienbewertung auswirkt
Eine der komplexesten Herausforderungen bei der Immobilienbewertung ist die Bewertung von Grundstücken, die mit Altlasten belastet sind. Altlasten können erhebliche Auswirkungen auf den Wert einer Immobilie haben und stellen sowohl für Verkäufer als auch für Käufer eine bedeutende Unsicherheit dar. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen einen umfassenden Überblick darüber geben, wie sich Altlasten auf die Immobilienbewertung auswirken und welche Faktoren dabei berücksichtigt werden müssen.
1. Was sind Altlasten?
Altlasten sind Verunreinigungen des Bodens oder des Grundwassers, die durch frühere industrielle, gewerbliche oder militärische Nutzungen entstanden sind. Diese Verunreinigungen können gesundheitsschädlich sein und stellen ein erhebliches Risiko für Mensch und Umwelt dar. Typische Beispiele für Altlasten sind:
- Schadstoffe: Chemikalien, Schwermetalle, Öl- und Benzinrückstände.
- Bauabfälle: Asbesthaltige Materialien, kontaminierte Bauschutt.
- Industrieabfälle: Rückstände aus der Produktion, Lagerung oder Entsorgung von gefährlichen Stoffen.
2. Rechtliche Rahmenbedingungen
Der Umgang mit Altlasten unterliegt strengen gesetzlichen Regelungen:
- Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG): Dieses Gesetz regelt den Schutz des Bodens und die Sanierung von Altlasten in Deutschland.
- Altlastenverordnung (AltlV): Diese Verordnung spezifiziert die Anforderungen an die Untersuchung und Sanierung von altlastverdächtigen Flächen.
- Länderspezifische Regelungen: Zusätzlich zu den bundesweiten Gesetzen gibt es in den einzelnen Bundesländern spezifische Vorschriften zum Umgang mit Altlasten.
3. Auswirkungen auf die Immobilienbewertung
Die Präsenz von Altlasten kann den Wert eines Grundstücks erheblich beeinflussen. Hier sind einige der wichtigsten Faktoren, die bei der Bewertung berücksichtigt werden müssen:
a) Kosten für Untersuchung und Sanierung
Eine der größten Unsicherheiten bei Grundstücken mit Altlasten sind die potenziellen Kosten für Untersuchung und Sanierung:
- Untersuchungskosten: Bevor eine genaue Bewertung vorgenommen werden kann, muss das Ausmaß der Kontamination durch Bodenproben und Analysen ermittelt werden. Hierzu empfehle ich einen Sachverständigen für Altlastenbewertung.
- Sanierungskosten: Die Kosten für die Sanierung können je nach Art und Ausmaß der Kontamination stark variieren. Diese Kosten müssen vom aktuellen oder zukünftigen Eigentümer getragen werden.
b) Nutzungseinschränkungen
Altlasten können zu erheblichen Nutzungseinschränkungen führen:
- Bebauungsbeschränkungen: In einigen Fällen kann es notwendig sein, bestimmte Bereiche des Grundstücks unbebaut zu lassen oder spezielle bauliche Maßnahmen zu ergreifen.
- Nutzungsverbote: Bei schwerwiegenden Kontaminationen kann es sogar zu vollständigen Nutzungsverboten kommen.
c) Marktwertminderung
Die Präsenz von Altlasten führt in der Regel zu einer Minderung des Marktwerts:
- Risikoabschlag: Potenzielle Käufer werden das Risiko der Kontamination in ihre Preisvorstellungen einfließen lassen.
- Verlängerte Vermarktungsdauer: Grundstücke mit Altlasten sind oft schwerer zu verkaufen, was ebenfalls den Marktwert mindern kann.
4. Praxisbeispiele
Um die Auswirkungen von Altlasten auf die Immobilienbewertung besser zu verdeutlichen, möchte ich einige Praxisbeispiele vorstellen:
Beispiel 1: Ehemaliges Industriegelände
Ein ehemaliges Industriegelände soll in Wohnbauflächen umgewandelt werden. Bodenproben zeigen eine erhebliche Kontamination mit Schwermetallen und Chemikalien. Die geschätzten Sanierungskosten belaufen sich auf mehrere Millionen Euro. Diese Kosten sowie die Unsicherheit über mögliche Restkontaminationen führen zu einer deutlichen Minderung des Marktwerts.
Beispiel 2: Altes Tankstellengelände
Ein altes Tankstellengelände weist Öl- und Benzinrückstände im Boden auf. Die Untersuchung zeigt, dass eine Sanierung möglich ist, aber hohe Kosten verursacht. Aufgrund dieser Belastung wird das Grundstück deutlich unter dem Durchschnittspreis vergleichbarer unbelasteter Grundstücke bewertet.
5. Empfehlungen für Käufer und Verkäufer
Wenn Sie als Käufer oder Verkäufer mit einem Grundstück mit Altlasten konfrontiert sind, empfehle ich folgende Schritte:
- Professionelle Begutachtung: Lassen Sie das Grundstück von einem spezialisierten Gutachter untersuchen.
- Kostenschätzung einholen: Holen Sie Kostenschätzungen für die notwendige Untersuchung und Sanierung ein.
- Rechtliche Beratung: Ziehen Sie einen Anwalt hinzu, um rechtliche Risiken und Verpflichtungen zu klären.
- Verhandlungen führen: Nutzen Sie die Informationen über Altlasten als Verhandlungsbasis beim Kauf oder Verkauf.
- Behörden: Untersuchungen, Planungen und alle relevanten aufgezeigten Schritte sollten mit der Bodenschutz -und Altlastenbehörde abgestimmt werden.
In der Praxis ist das geläufige Vorgehen, die Kosten für die Beprobung und den Bodenaustausch von dem Bodenwert abzuziehen. Beispiel Wert des unbebauten Grundstücks 1.200.000 Euro, Kosten für die Untersuchung und den Bodenaustausch 400.000 Euro, Wert des Grundstücks = 800.000 Euro.
Diese Kosten werden in der Bewertung einer Immobilie, eines Grundstücks unter „besondere wertbeeinflussende Umstände“ am Ende des Rechenverfahrens ausgewiesen.
Fazit
Grundstücke mit Altlasten stellen eine besondere Herausforderung in der Immobilienbewertung dar. Die potenziellen Kosten für Untersuchung und Sanierung sowie Nutzungseinschränkungen müssen sorgfältig berücksichtigt werden, um eine realistische Bewertung vorzunehmen.
Autor : Karsten Falkenhayn – falkenhayn@falkenhayn-isk.de
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